Bei der Berechnung der Anzahl Parkplätze für ein Wohnhaus gelangt jeweils der höhere ermittelte Wert nach Ziffer 9.1 der VSS-Norm SN 640 281 zur Anwendung.
Urteil des Kantonsgerichts Freiburg vom 3. März 2021
Gemäss Art. 27 Abs. 1 RPBR[1] legt das Gemeindereglement gestützt auf die Normen des Schweizerischen Verbands der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS) fest, wie viele Parkplätze erstellt werden müssen; dabei werden die Art und die Nutzung der Bauten berücksichtigt. Weicht die Gemeinde von diesen Normen ab, so muss sie ihre Wahl im erläuternden Bericht nach Artikel 21 begründen. Die Gemeinden, welche in Anwendung von Artikel 24 RPBR ein Parkplatzkonzept ausarbeiten müssen, bestimmen auf der Grundlage des Parkplatzkonzepts die Mindest- und Höchstzahl der Parkplätze sowie deren Nutzung und Bewirtschaftung (Art. 27 Abs. 2 RPBR). Entsprechend verweisen die Planungs- und Baureglemente verschiedener Gemeinden auf die VSS‑Norm SN 640 281 "Parkieren – Angebot an Parkfeldern für Personenwagen".[2] Die VSS-Norm SN 640 281 "Parkieren – Angebot an Parkfeldern für Personenwagen", Ausgabe 2013, regelt das Parkfelder-Angebot für Wohnnutzungen unter Ziffer 9 des Abschnitts D. Gemäss Ziffer 9.1 gelten die folgenden Richtwerte für das zu erstellende Parkfelder-Angebot: für Bewohner 1 Parkfeld pro 100 m2 Bruttogeschossfläche (nachfolgend: BGF) oder 1 Parkfeld pro Wohnung, zusätzlich für Besucher 10 Prozent der Bewohner-Parkfelder. Für Spezialfälle wie Alterswohnungen, Studentenwohnungen usw. kann von tieferen Richtwerten ausgegangen werden (Ziff. 9.2). Als Rundungsregel gilt, dass erst am Schluss der Berechnungen, nach der Summenbildung, auf das nächste ganze Parkfeld aufgerundet wird (Ziff. 9.3). Unter Berücksichtigung spezieller örtlicher Verhältnisse oder spezieller Wohnformen (z.B. autofreies Wohnen) kann eine Abweichung von den obigen Richtwerten angezeigt sein (Ziff. 9.4).[3]
In einem Entscheid vom 3. März 2021 hat das Kantonsgericht Freiburg entschieden, dass die beiden in Ziffer 9.1 der VSS-Norm 640 281 enthaltenen Kriterien nicht kumulativ, aber auch nicht alternativ zur Anwendung gelangen, sondern dass jeweils der höhere ermittelte Wert zur Anwendung gelangt.[4] Damit übernimmt das Freiburger Kantonsgericht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts des Kantons Waadt.[5] In Anwendung von Ziffer 9.4 der Norm ist sodann zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, gestützt auf welche eine Abweichung von den Richtwerten der VSS-Norm angezeigt ist.[6]
[1] Ausführungsreglement zum Raumplanungs- und Baugesetz vom 01.12.2009; SGF 710.11.
[2] Siehe z.B. Art. 46 Gemeindebaureglement Gemeinde Plaffeien, Sektoren Plaffeien und Schwarzsee (noch nicht genehmigt); Art. 7 Gemeindebaureglement Gurmels (noch nicht vollständig genehmigt); Art. 68 Abs. 1 Planungs- und Baureglement der Gemeinde Düdingen.
[3] Die aktuelle Norm zu diesem Thema ist die Norm VSS 40 281 "Parkieren – Angebot an Parkfeldern für Personenwagen", gültig ab 31.03.2019. Die neue Norm hat, was die Ziffern 9.1 bis 9.4 anbelangt, keine Änderung bezüglich der Vorgängerversion erfahren.
[4] Urteil KG FR 602 2020 106 vom 3. März 2021 E. 4.3.2.
[5] Ibidem.
[6] Urteil KG FR 602 2020 106 vom 3. März 2021 E. 4.4.